Die strukturierte Datenerfassung und
das Visualisierungspotential des
digitalen Bauwerkmodells

Erwin Heine   

Erwins Maya startpage

Dissertation, Technische Universitaet Graz, Juni, 1997              english version 


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Sie brauchten nicht etwa erst zu wandern, um die Welt zu betrachten,
sondern an Ort und Stelle blieben sie, wenn sie Umschau hielten

Popol Vuh, Tercera Parte, Capitulo II - (über die vier Urväter)
Übersetzung ins Deutsche: Leonhardt Schultze Jena


Zusammenfassung

Die Schwierigkeiten in der Aufnahme und digitalen 3D-Präsentation komplexer, teilweise verfallener Bauwerkes liegen in der Bestimmung, Abgrenzung und Strukturierung einzelner Architekturelemente.

Die entwickelte Methodik der Bauwerksdokumentation ermöglicht es einerseits, ein Bauwerk in hierarchisch strukturierter Form über architektonische Elemente eindeutig zu beschreiben und andererseits dieses Bauwerkes im Computer als digitales dreidimensionales Flächenmodell, gebildet aus den Grenzflächen der Masse-Elemente, zu rekonstruieren.
Diese Art der Modellbildung ermöglicht es, daß auch ein teilweise verfallenes Objekt, dessen Böden beispielsweise von Schutt bedeckt sind, zu dokumentieren, ohne daß der mit der Dokumentation beauftragte Bearbeiter sich mit der Interpretation über den möglichen weiteren Mauerverlauf oder die Bodenfläche beschäftigen muß.
Dadurch ist eine klare Aufgabentrennung vorgegeben, die dazu beiträgt, die Konsistenz des Datenmaterials zu gewährleisten und die Effizienz dieser Dokumentationsform zu erhöhen.
Durch den Übergang in der Architekturbeschreibung von Masse-Elementen auf deren sichtbare Grenzflächen und somit auf Raumelemente wurde eine Dokumentationsform entwickelt, die nicht nur für Gebäude im herkömmlichen Sinn sondern auch für Höhlensysteme und ähnliche Bauwerke geeignet ist.
Durch die Transformation der hierarchischen Architekturelementestruktur ins Computermodell wurde die Möglichkeit geschaffen, elementespezifische Abfrage in beliebig komplexer Form zu definieren.

data-structure
sistema-informacion

Abgesehen von den bereits ausführlich besprochen Visualisierungsmöglichkeiten wurde durch diese Verwaltungsstruktur ein mächtiges Werkzeug zur Bauwerksanalyse geschaffen.
So lassen sich Maßanalysen getrennt nach Elementen oder anderen Kriterien durchführen und ergeben nicht nur aufgrund der präzisen Vermessung, sondern auch wegen der einfachen und raschen Maßselektion und der Möglichkeit der direkten Weiterverarbeitung in Datenbanksystemen und statistischen Analyseprogrammen einen Anstieg der Aussagekraft und Signifikanz.
Dasselbe gilt in der Folge für die Untersuchungen von Ausrichtungen von Bauwerken und Höfen oder beispielsweise auch der Bestimmung von Niveauunterschieden im Zuge einer Bauprozeßuntersuchung.
 

Als Fallbeispiel für die praktische Verifizierung diente ein Großbauwerk der Maya-Kultur in Mexiko, der Palast von Santa Rosa Xtampak. Seine komplexe Architektur und die zum Teil verfallenen Fassaden gelten als repräsentativ für die Problematik der Bauwerksdokumentation in diesem Kulturraum.
Nur durch die vollständige Bearbeitung des Gesamtobjektes mit all seinen Details konnte das Potential und die Effizienz der entwickelten Methodik in den verschiedenen Bearbeitungsstufen beurteilt werden.

 Die Forschungsarbeiten umfaßten dabei folgende drei Hauptkomponenten:

1. Dokumentation des Objektes in räumlich exakter, vollständiger und detailgenauer Form durch eine effiziente geodätisch/photogrammetrische Aufnahmemethode und eine umfassende, durch Steuerprogramme geleitete und unterstützte 3D CAD  Oberflächenmodellierung.
 Dabei wird der Detailierungsgrad beziehungsweise der Informationsgehalt durch Verknüpfung des CAD-Modells mit vorverarbeiteten digitalen Detailbildern des Objekts zusätzlich erhöht.
2. Extraktion von Schnittplänen aus dem digitalen Bauwerkmodell für die nachfolgenden architekturanalytischen Untersuchungen.
 Da das verwendete CAD-System eine räumliche Bearbeitung in dieser Art und in diesem Umfang nicht direkt unterstützt, erfolgte die Programmierung der erforderlichen Prozeduren in der systemeigenen Programmiersprache AutoLISP.
3. Visualisierung des Bauwerkes mit High End Computeranimationssystemen zur Präsentation in einer anschaulichen und verständlichen Form.
Dazu zählen hochqualitativ gerenderte Standbilder des Bestandes oder einer bereits durchgeführten Rekonstruktion ebenso wie die realitätsnahe Simulation eines „virtual reality walk“ durch das Bauwerk.
Diese Animation wurde auf Video in Studioqualität aufgezeichnet und stellt ein optimales Medium für viele Präsentationszwecke dar.